Interview mit F.S. von Gaoth

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Mit seinem Atmospheric-Black-Metal-Soloprojekt GAOTH hat der Ire F.S. bereits 2016 sein stimmungsvolles Debüt „Dying Season’s Glory“ im Alleingang veröffentlicht. Zum Re-Release der Platte durch Northern Silence hat uns F.S. nun ein paar Fragen beantwortet, unter anderem, was er nachträglich vielleicht noch daran ändern würde, welcher Teil des Songwritings ihm am schwersten fällt und warum sein Debüt beinahe „das Album, das es nie gab“ geworden wäre.

Hallo! Danke dir, dass du mit uns dieses Interview führst. Wie geht es dir?
Mir geht es gut, danke dir, ich genieße gerade ein paar arbeitsfreie Tage, was mir die Gelegenheit gibt, ein paar Dinge wie dieses Interview nachzuholen.

GAOTH ist dein noch junges Soloprojekt, das wohl viele unserer Leser noch nicht kennen werden. Darum stell dich und dein Musikprojekt zu Beginn bitte kurz vor.
GAOTH ist eine Ein-Mann-Atmospheric-/Black-Metal-Band aus Irland. Ich bin das einzige Mitglied und spiele demnach die ganze Musik ein und nehme sie alleine auf. GAOTH unterscheidet sich stark von dem (Black) Metal, den es sonst in Irland gibt.

GAOTH leitet sich unter anderem aus dem Gälischen ab und bedeutet in etwas „Wind“ oder „Sturm“, richtig? Welchen Bezug hast du zum Wind und weshalb ist es das perfekte Wort, um deine Musik zu beschreiben?
Ja, das ist korrekt, GAOTH kann man als „Wind“, aber auch als „Sturm“ oder „Trieb“ übersetzen, was ich passend fand. Die Ursprünge des Wortes reichen weit in der Zeit zurück, vom antiken Irisch-Gälischen bis zu seinen Indo-Europäischen Wurzeln. Der Name fängt die elementaren Aspekte meiner Musik gut ein. In GAOTH lege ich jeglichen menschlichen Kontakt mit dem „Sein“ ab, jeden Ausdruck oder Drang und versuche, elementare und transzendentale Konzepte zu vermitteln.

Von welchen Musikern wurdest du am meisten beeinflusst?
Meinen musikalischen „Kern“ trage ich ziemlich offen, im Metal-Bereich sind für mich die größte Inspiration: Burzum, Wittr, Fen, Drudkh, Agalloch und ähnliche. Das ist aber nur die Hälfte des Ganzen, ich ziehe nämlich auch sehr viel Inspiration aus Philip Glass, Phil Thornton, Of The Wand And The Moon, Liszt, Bach, Vivaldi und die europäischen Großen.

Wie bereits erwähnt ist GAOTH dein Soloprojekt. Warum ziehst du es vor, alleine Musik zu machen?
Das einzige Mitglied einer Band zu sein, erlaubt es, Musik mit einem fast schon instinktiven „Wissen“ zu schreiben, eine Idee heranzuziehen und sie umzuformen, wie das in einer Gruppe wohl nicht möglich wäre.

Du spielst außerdem in der Band Celtachor und hast ein weiteres Projekt namens Draiocht. Warum war es dennoch wichtig für dich, GAOTH zu gründen und inwiefern unterscheiden sich deine anderen Bands davon?
In Celtachor lassen wir uns viel von irischen, mythologischen Geschichten inspirieren und führen, also bauen wir unsere Ideen immer auf einem Konzept auf. Darum ist unser Ziel immer sehr klar vorgegeben, wohingegen ich in GAOTH Ideen aus den tiefsten Tiefen meines Bewusstseins ziehen kann. Ich mag beides, bei beidem steht man vor einzigartigen Herausforderungen und Nuancen. Letztlich ist es wichtig, Kunst aus individuellen Erfahrungen entstehen zu lassen und dementsprechend kann man sagen, dass es mir wichtig ist, einen unauslöschlichen Fußabdruck zu hinterlassen, der ganz mein eigener ist. Draiocht ist schon lange tot (lacht), in vielerlei Hinsicht sehe ich darin den Vorläufer von GAOTH. Der Wille war bereits da, aber ich hatte damals noch nicht die Fähigkeiten und das Aufnahme-Knowhow.

Wo siehst du deine größten Stärken und Schwächen als Musiker?
Größte Stärke: Ich kann das Endresultat eines Songs bereits während des Schreibprozesses visualisieren und „hören“, ich schreibe nie nur einzelne Riffs, sondern ganze Songs oder Ideen. Größte Schwäche: Ich ziehe es vor, viel Kontrolle beim Schreibprozess zu haben – weil ich eben schon in der Frühphase das Endresultat hören kann. Deshalb kommt es oft zu ideellen Konflikten, wenn ich in einer Gruppe arbeite. Kurz gesagt, ich sollte anderen vielleicht etwas mehr vertrauen!

Wie läuft bei dir das Songwriting ab, womit fängst du in der Regel an?
Das ist eine schwere Frage. Praktisch alles, was ich schreibe, nimmt mit der Gitarre seinen Anfang. Ich nehme Songs meist als Ganzes auf, füge dann noch etwas hinzu oder verändere etwas. Dafür wende ich bei jedem Song viel Zeit auf und erst wenn ich zu 100 % zufrieden bin, nehme ich ordentlich auf. Das Schwierigste sind für mich eigentlich Texte und Gesang. Ich bin normalerweise eine sehr ruhige und zurückhaltende Person. Ich muss mich erst vorbereiten und mich gedanklich in die richtige Lage versetzen, bevor ich überhaupt versuchen kann, Texte zu schreiben und zu singen.

Mit „Dying Season’s Glory“ hast du ein ziemlich gelungenes Debüt veröffentlicht, Glückwunsch dazu! Was war es für dich ein Gefühl, dein erstes Album als GAOTH in die Welt zu schicken?
Danke dir! Das war wirklich ein Meilenstein für mich, immerhin ist das Album das Resultat von zwei Jahren Arbeit. In dieser Zeit ist auch so viel vor sich gegangen, es gab viele Rückschläge. Einmal befürchtete ich sogar, ich hätte alle Aufnahmen wegen eines Hardware-Fehlers verloren. Beinahe wäre es „das Album, das es niemals gab“ geworden. Der Release war wirklich ein fundamentaler Moment, ich realisierte, dass ich GAOTH bin und dass GAOTH ich ist.

Du hast die Platte ursprünglich im Alleingang veröffentlicht, später über Northern Silence. Gibt es etwas, das du rückblickend am Album ändern würdest?
Musikalisch nicht. Ich finde, dass die Platte perfekt das wiedergibt, was ich rüberbringen wollte. Bezüglich der Produktion würde ich vielleicht ein paar Änderungen vornehmen. Zur Zeit der Aufnahme war ich bezüglich des verfügbaren Equipments sehr eingeschränkt, allerdings ist das vielleicht auch der Schlüssel zu einem ehrlich klingenden Album, oder?

Welcher Track auf „Dying Season’s Glory“ bedeutet dir am meisten und warum?
Eine interessante Frage, über die ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht habe! Ich glaube, ich habe keinen Favoriten, sie alle reflektieren einen Aspekt der Thematik, die ich transportieren wollte. Ich muss allerdings sagen, dass ich es sehr genossen habe, die Harmonien zu „Weeping Of The Fens“ und „Gaoth“ einzusingen.

Deine Musik klingt sehr melancholisch, was sich sicherlich auch in den Texten widerspiegelt. Worum geht es denn thematisch auf deinem Debüt?
Es geht um den Verlust eines extrem wichtigen Aspekts in unserer „modernen“ Gesellschaft und Kultur. Den Verlust des „Geistes“, der Verbindung des Menschen zur Natur und den Elementen, den Verlust von altem Wissen, den Verlust der Verbindung zu unserem wahren Selbst. Nunmehr Geheimnisse der kalten, schwarzen Erde.

Es wurde bereits gesagt, du stehst inzwischen bei Northern Silence unter Vertrag. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Label?
Ich verkaufte die erste CD von GAOTH (die inzwischen ein seltenes Sammlerstück ist) in den USA und in Europa. Schließlich erhielt ich eine höfliche Mail von Northern Silence, in der man mich fragte, ob ich an einer Kooperation interessiert sei. Der Rest ist Geschichte.

Planst du auch, in Zukunft live aufzutreten?
Ich würde es nicht ausschließen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr reizt mich der Gedanke. Da ich aber Solomusiker bin, müsste ich erst mal Musiker finden, die denselben trieb und die Leidenschaft haben. Wer weiß?

Ich habe auf deiner Facebook Seite gesehen, dass du bereits an deinem nächsten Album arbeitest. Was erwartet uns da? Wird es sich sehr vom Debüt unterscheiden?
Es wird etwas Weitreichenderes mit einer in allen Aspekten größeren Perspektive als „Dying Season’s Glory“. Allzu viel möchte ich jetzt aber noch nicht verraten.

So, dann kommen wir langsam zum Ende unseres Interview. Zum Abschluss möchte ich dich bitten, bei unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming mitzumachen:
Brexit: Notwendig
Saor: Ich habe großen Respekt vor Andy und dem, was er mit Saor erreicht hat.
Erde: Am Ende, sofern wir nicht dem Pfad der Erleuchtung folgen, den wir beschritten haben.
Lieblingsalbum: Unmögliche zu beantwortende Frage. Drudkhs „Forgotten Legends“ kommt mir in den Sinn.
Donald Trump: Ein weiterer notwendiger Teil für den Anstieg unseres Bewusstseins. „Für jene, die geistig eingekerkert sind, wird es scheinen, als würde die Welt um sie herum zerfallen.“
GAOTH in fünf Jahren: Vielleicht drei neue Releases, vielleicht ein paar Live-Auftritte.

Sehr gut, dann nochmals vielen Dank für dieses Interview. Gibt es noch etwas, das du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Ich schätze jeden einzelnen von euch, die ihr die Platte gekauft, angehört, heruntergeladen, mich kontaktiert oder GAOTH in welcher Art auch immer unterstützt habt. Als ich das Projekt gründete, hätte ich nie gedacht, diesen Tag jemals erleben zu dürfen.
Übrigens, illegale Downloads haben uns Musikern die Möglichkeit genommen, unsere Reise fortzusetzen. Wenn irgendjemand von euch schon das Album herunterladen will, ohne zu bezahlen, dann wenigstens auf der offiziellen GAOTH Bandcamp-Seite https://gaoth.bandcamp.com/releases, da biete ich es gratis in jedem Format zum Download an.

Freundliche Grüße,
GAOTH/F.S.

Publiziert am von Stephan Rajchl

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