Ende März hält die geballte Ladung synthieinfizierten Post-Punks Einzug im Münchner Hansa 39. Verantwortlich dafür ist Wesley Eisold: Erst Ende Februar war der Musiker als Sänger der legendären Hardcoreband American Nightmare Teil des Togetherfests, nur um bereits Ende März mit seinem Synthpop-/Darkwave-Projekt COLD CAVE im Rahmen einer ausgedehnten Europatour wieder in München aufzutreten. Unterstützt wird er dabei von DRAB MAJESTY, die die shoegazeige Seite der elektronischen Post-Punk-Attitüde repräsentieren. Beide Bands stehen für den Einfluss, den die 80er Jahre auf düstere Popmusik besessen haben, und transportieren diesen Sound durch Elemente aus Noise und Shoegaze in die Gegenwart.
Auch wenn es zunächst den Anschein macht, dass heute nur sehr wenige Menschen den Weg ins Hansa 39 finden, versammeln sich kurz nach 21 Uhr doch um die 100 Besucher vor der Bühne, als die beiden Musiker von DRAB MAJESTY die Plätze an der Gitarre und hinter dem Synthesizer einnehmen. Bereits optisch zeigt sich, was in ihrem Set passieren wird: Silbern geschminkt, mit hellblauen Perücken, schwarzen Rüschenkopftüchern und weiten Ledermänteln ausgestattet, wird das Erscheinungsbild von schwarzen, futuristischen Sonnenbrillen abgerundet. Musikalisch können DRAB MAJESTY das weitestgehend düster gekleidete Publikum sofort in ihren Bann ziehen: Bei nahezu perfektem Sound lädt die Band mit Twang-Gitarren, viel Hall auf der Stimme von Sänger Deb DeMure, warmen Beats und elektronischen Synthie-Flächen zum Träumen ein. Auch wenn sich die Songs des knapp 45-minütigen Sets sehr gleichen, kommt keine Langeweile auf und das Publikum dankt dies mit lautem Applaus und ersten, wenn auch noch schüchternen Tanzversuchen.
Dass das Publikum primär wegen des heutigen Headliners gekommen ist, zeigt sich an der stetigen Zunahme der Anwesenden, die sich kurz nach 22 Uhr gedrängt vor der Bühne versammeln. Ohne große Ansagen steigen die drei Musiker von COLD CAVE in ihr Set ein. Bis auf das Licht des Beamers, der die ganze Show über schwarz-weiße Projektionen von Landschaften, Malereien und Schriften an die Wand wirft, verzichtet die Band auf Bühnenbeleuchtung. Dies passt großartig zum kalten Sound zwischen Post-Punk, Industrial und Darkwave. Dass die Musik lediglich von zwei Synthesizern und Wesley am Gesang dargeboten wird, lässt zwar die Frage offen, wie die treibende Musik von COLD CAVE mit einer Liveband klingen würde – gerade die bewusste Wahl des Künstlichen steht dieser Musik allerdings auch im Livesetting fabelhaft zu Gesicht.
Das Publikum ist bei großartigem Sound ausgelassen und tanzt zu den teilweise weichen, teilweise extrem pumpenden Beats, was aufgrund der misanthropischen Texte von COLD CAVE einen schönen Gegensatz darstellt. Obwohl ein spärlicher Nebeleinsatz der Stimmung sicher zuträglich wäre, zerstört der dafür verantwortliche Techniker diese in schöner Regelmäßigkeit, indem er scheinbar endlos auf dem Nebelknopf verharrt. Hierdurch wird jede Sicht auf die an sich schon dunkle Bühne vollkommen eingeschränkt. Sowohl das Publikum als auch COLD CAVE ignorieren dies allerdings gekonnt, indem sie sich auf das Wesentliche in Form der Musik konzentrieren. Nachdem die Band kurz im Nebel verschwindet, kehrt sie nach 50 Minuten noch einmal für drei weitere Stücke zurück auf die Bühne, sodass nach einer guten Stunde ein beeindruckendes Konzert sein Ende findet. Ironischerweise schlägt auch hier noch einmal eine Technikpanne zu: Noch während der Verabschiedung prangt, entgegen des Bandmottos „People Are Poison“, ein „Acer: Empowering People“-Logo auf der Leinwand.
Ein absolut stimmiger Abend findet nach einem sehr guten und einem großartigen Konzert sein Ende. Während DRAB MAJESTY die ruhige Seite der 80er repräsentierten, konnten COLD CAVE mit Leidenschaft, Energie und druckvollem, kühlen, emotionalem Sound ein absolutes Konzerthighlight abliefern.