JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS – was sich erst nach einer locker-flockigen Indie-Band anhört, ist eigentlich das Pagan-Folk-Projekt der namensgebenden Dame, die mit ihrer Harfe und einigen Mitstreitern altnordische Mythen in triste Akustik-Gewänder zu kleiden sucht. „Aes Sidhe“ nennt sich das mittlerweile siebente Album der irischen Multi-Instrumentalistin, was sich in etwa mit „Menschen der Hügel“ übersetzen lässt. Konzeptionell setzen sich die Pagan-Folker darauf nämlich mit dem Tod in der Mythologie der nordischen Stämme auseinander, die ihre Verstorbenen in Hügelgräbern beisetzten, auf dass sie eines Tages aus der Erde wiedergeboren werden würden.
Das Aufgebot an hochkarätigen Künstlern, die JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS bei diesem Unterfangen unterstützen, macht zu Beginn gleich mal neugierig. So zeichnet Paul Romano (Mastodon) für das symbolträchtige Artwork verantwortlich, während Xasthur in „A Pause“ einige Gitarrentöne beisteuert. Trotz dieser und weiterer Gastbeiträge, die sich im wesentlichen in Form von tristen Streichern, gelegentlicher unaufdringlicher Perkussion, Akustikgitarren und sogar hintergründig schrammelnden E-Gitarren bemerkbar machen, sind die recht kurzen Tracks auf „Aes Sidhe“ von eher minimalistischem Naturell. Im Vordergrund stehen eindeutig die reduzierten Harfenklänge und die klagenden Gesänge, die gewissermaßen den Kern der Musik von JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS bilden.
An sich kein uninteressanter Ansatz, kommt den überschaubaren Stilmitteln dadurch doch eine umso stärkere Wirkung zu. Bestes Beispiel dafür ist das reduziert instrumentierte „Cwn Annwn“, in dem Joy Shannon mit tief raunender Stimme immer wieder „I thought I heard the hounds“ singt und allein damit schon eine beklemmende Grabesstimmung heraufbeschwört. Allen übrigen Tracks tut die Harfenistin mit ihrem Gesang jedoch keinen Gefallen. Viel zu oft verfallen ihre Vocals nämlich in einen auf Dauer ziemlich entnervenden Vibrato-Stil, der ihren ohnehin bereits etwas zu jammernden Tonfall gänzlich pathetisch wirken lässt. Ein Umstand, der umso schwerer ins Gewicht fällt, da JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS in überwiegendem Maß dem Gesang die melodieführende Rolle zuschieben.
Ein weiteres Manko ist der weitreichende Mangel an mitreißenden Melodien. Es gibt sie auf „Aes Sidhe“ durchaus, zum Beispiel im zutiefst gefühlvollen, konzeptionell von Tolkien inspirierten „Grey Havens“ oder auch im sehnsüchtigen „Mag Mell“. Die meiste Zeit über lassen JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS jedoch das nötige Gespür vermissen, um ihre minimalistischen Kompositionen größer wirken zu lassen, als sie es tatsächlich sind.
Für sich genommen ist das Konzept von JOY SHANNON AND THE BEAUTY MARKS, in schwermütigen, aufs nötige reduzierten Arrangements nordische Mythologie zu vertonen, durchaus hörenswert, gerade aufgrund des stimmigen Zusammenwirkens mit den aufs Jenseits fokussierten Texten. Mal abgesehen davon, dass diese Zielsetzung neben anderen Bands wie Wardruna nicht unbedingt neuartig erscheint, ist es jedoch den übertrieben rührseligen Vocals und den kaum jemals wirklich fesselnden Melodien geschuldet, dass „Aes Sidhe“ letztlich eine eher unterwältigende Sammlung bedrückender Folk-Songs ist.
Wertung: 5.5 / 10