GNAW THEIR TONGUES ist nicht auf dieser Welt, um Musik zu produzieren, die jedermann gefällt. GNAW THEIR TONGUES veröffentlicht keine Alben, um damit sein Geld zu verdienen. GNAW THEIR TONGUES presst einfach diesen kruden wie unheilvollen Mix aus Black Metal und Noise auf seine Platten, weil das niederländische Projekt um Mastermind und einziges Mitglied Mories das aus Liebe zu diesem Klang macht. Anders lässt es sich nicht erklären, dass der einzigartige wie verstörende Sound seit dem Debüt vor zehn Jahren unverändert unangepasst, düster, seltsam und dennoch packend geblieben ist.
Apropos zehn Jahre nach dem Erstling „Spit At Me And Wreak Havoc On My Flesh“: GNAW THEIR TONGUES zelebriert mit dem aktuellen Output „Hymns For The Broken, Swollen And Silent“ ebenso die zehnte Platte im Backcatalogue. Wer durchschnittlich pro Jahr ein Album veröffentlicht, welches weder zu Ruhm und Ehre führt, sondern nur eine dezidierte Menge an sehr experimentierfreudigen Hörern anspricht, der macht das aus Leidenschaft. Und ebenjene Begeisterung für die geschaffene Musik kann am ehesten ein Mensch verstehen, dem Ævangelist und Spektr wohlvertraut sind und dessen Herz beim Klang der Wortgruppe „Avantgarde/ Experimental Black Metal“ aufgeht. Du fühlst dich nicht angesprochen? Dann mach bitte einen weiten Bogen um alles, was GNAW THEIR TONGUES jemals veröffentlicht hat.
Für alle anderen Wagemutigen: „Hymns For The Broken, Swollen And Silent“ ist genau das, was von Mories zu erwarten war – allerdings erstaunlicherweise in geordneteren Bahnen als gedacht. Natürlich ist dieses Album noch immer weit von einem halbwegs gängigen Songaufbau entfernt, bewegt sich aber klar in Richtung eines „Writhes In The Murk“. Nur noch wesentlich kälter, böser und dunkler. GNAW THEIR TONGUES erschafft eine packende bedrohliche Tristesse, welche die Temperatur des Blutes um eine Handvoll Grad absinken lässt, während die Hand den Lichtschalter sucht, um „Hymns For The Broken, Swollen And Silent“ auch ja bei hellem Licht durchstehen zu können.
Dieses Album stellt die Vertonung von so lautmalerischen Adjektiven wie pechschwarz und eiskalt dar. Es manövriert den Hörer in wirre Tonkonstrukte („Hold High The Banners Of Truth Among The Swollen Dead“), baut bedrohliche Klangwände auf („Your Kingdom Shrouded In Blood“) und mündet in zermürbendem Chaos („Silent Burned Atrocities“). GNAW THEIR TONGUES beunruhigt, erschreckt und fesselt zugleich mit diesem Album, welches Blut Aus Nords „The Work Which Transforms God“ wie einen fröhlichen Kindergeburtstag wirken lässt. Ein knapp 40 Minuten währender kalter Schauer auf dem Rücken mit einer nicht verschwinden wollenden Gänsehaut auf den Unterarmen, das ist „Hymns For The Broken, Swollen And Silent“, das ist GNAW THEIR TONGUES anno 2016. Sofern Mories im darauffolgenden Jahr wieder eine Platte veröffentlicht, hoffe ich für unser aller Seelenfrieden, dass jenes Album in puncto Bösartigkeit nicht zunimmt!
Wertung: 8.5 / 10