Review Fjoergyn – Lvcifer Es

Du bist Luzifer. So heißt es zumindest auf dem neuen Album von FJOERGYN. Mit „Lvcifer Es“ veröffentlicht die deutsche Avantgarde-Black-Metal-Band, die ursprünglich als orchestrales Soloprojekt geplant war, nämlich ihre inzwischen fünfte Full-Length-Platte und dies zum ersten Mal bei Lifeforce Records. Vier Jahre sind seit dem Vorgänger „Monument Erde“ vergangen und in der Zwischenzeit wurde das damals noch vierköpfige Line-Up mit Ivo Raab auf der letzten EP „Terra Satanica“, um einen Leadsänger reicher. Inzwischen ist jener zwar nur noch Gastsänger, dafür haben FJOERGYN mit Philipp T. nun einen neuen Gitarristen. Doch genug der Fakten, wie steht es denn um das im Hinblick auf das bespielte Genre eher konventionell betitelte Album?

Nach dem Intro „MMXVII“, das der gut einstündigen Platte mit verheißungsvollen, melancholischen Gitarren den Weg bereitet, tun FJOERGYN auf dem Opener „Leviathan“ sogleich ihre Botschaft kund: Wie es der Albumtitel indiziert, geht es um allerlei religiöse Themen. Anstatt jedoch in ihren Texten stumpfsinnige Teufelsanbetung zu zelebrieren, haben FJOERGYN den wohl größten Konflikt in der Geschichte der Religion – Gott gegen Satan – in überaus schöne und zugleich oftmals grässliche Worte („Blut Samen Erde“) gepackt. Bezüglich des Konzepts und der damit verbundenen Theatralik rufen FJOERGYN damit Erinnerungen an „Die Liebe Gottes“ und „Heiliges Herz“ von Samsas Traum wach. Obwohl es sich bei ersteren trotz aller Experimente um waschechte Black-Metaller handelt, ist der Vergleich als Lob zu verstehen, zumal FJOERGYN noch um einiges anti-christlicher, unkonventioneller und brutaler zu Werke gehen.
Auch musikalisch ist eine gewisse Parallele zu Samsas Traum auszumachen, vor allem bezüglich der dramatischen, emotionalen Spoken-Word-Parts und der gelegentlich eingesetzten Symphonic-Elemente. Abgesehen davon kann man sich jedoch ein genaueres Bild von der Musik der Schwarzmetaller machen, wenn man sich Korova oder Grabnebelfürsten ins Gedächtnis ruft. Gesanglich spielen die vielseitigen Screams und Growls bei FJOERGYN eine ebenso große Rolle wie die Cleans, die dem gutturalen Gesang in puncto Aggressivität und Ausdruck in nichts nachstehen, wie man beispielsweise im geradezu apokalyptischen „Terra Satanica“ zu hören bekommt.
An den Gitarren geben sich FJOERGYN gleichermaßen wandelbar, so werden die rohen, bösartigen Tremolo-Riffs („Viva La Inquisition“) auch schon mal von verspielten Akustikgitarren begleitet („Lucifer Es“) oder sogar von einer ausgedehnten, lässigen Jazz-Passage eingeleitet („Dinner mit Baal“). Das abschließende, höchstdramatische „Freiheit“ mit seinem sehnsüchtigen Dialog zwischen dem Protagonisten und Gott stellt jedoch eindeutig den kompositorischen Höhepunkt dar, hier ist die Epik geradezu greifbar.

Natürlich ist auch ein Werk wie „Lvcifer Es“ nicht ganz frei von Fehlern. Die Produktion ist nämlich etwas unausgeglichen, was man vor allem an der Orchestrierung heraushört. Außerdem kann man FJOERGYN bezüglich ihrer Lyrics durchaus vorwerfen, dass sie ein wenig prätentiös erscheinen. Abgesehen davon ist ihre fünfte Platte jedoch ein grandioses Spektakel, das dem Black Metal treu bleibt und ihn gleichzeitig mit unvorhersehbaren, aber stimmigen Einfällen bereichert, ohne dass die Songs dadurch zu langatmig oder unzugänglich würden.

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Wertung: 8.5 / 10

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2 Kommentare zu “Fjoergyn – Lvcifer Es

    1. Hallo, j!
      Bitte um Verzeihung, da müssen meine Infos wohl veraltet gewesen sein. Hab das natürlich gleich korrigiert, jetzt sollte es hoffentlich stimmen.
      Schön, dass du das Review ansonsten für gut befindest. ;)

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