Interview mit Steffen Grønbech von Khonsu

Mit „The Xun Protectorate“ legt der Norweger Steffen Grønbech mit seinem Projekt KHONSU vier Jahre nach dem Debüt „Anomalia“ ein beeindruckendes zweites Album vor. Nachdem er Interviews damals noch von seinem Bruder Obsidian Claw (Keep Of Kalessin) beantworten ließ, sprachen wir diesmal mit dem Meister persönlich – über Arbeiter-Klone in Raum-Kolonien, musikalischen Wandel und Alien-Erscheinungen bei KHONSU-Interviews.

Euer erstes Album, „Anomalia“, ist 2012 erschienen. Bist du noch zufrieden mit dem Album oder würdest du aus heutiger Sicht etwas daran anders machen?
Ich bin immernoch ziemlich zufrieden mit dem Album, wenn auch nicht hundertprozentig. Mein Lieblingssong ist „The Host“, den höre ich mir immer mal wieder an – den Rest des Albums hingegen höre ich nur sehr selten. Ich finde, das Album hat ein paar Schwächen, beispielsweise ein paar langweilige Riffs hie und da. „So Cold“ ist wohl der Song, mit dem ich am wenigsten zufrieden bin – der ist meiner ansicht nach eigentlich nicht wirklich gut genug für das Album. Wenn ich also nochmal etwas ändern könnte, würde ich wohl „So Cold“ durch einen besseren Song ersetzen. Aber das Album besteht aus Riffs aus ungefähr 15 Jahren – es ist also sogesehen eine Sammlung von viel verschiedenem Material, das natürlich auch qualitativ variiert. Das neue Album ist dagegen viel fokussierter und – wie ich finde – insgesamt besser.

Zunächst hattet ihr jedoch 2014 die EP „Traveller“ veröffentlicht. Was war die Idee dahinter, warum eine EP?
Ich wollte schon lange eine neue, industrial-lastigere Version von dem Song „Ix“ aufnehmen, den ich mit meinem Bruder Obsidian C. irgendwann um 2000 herum geschrieben habe. Er hat den Song auf der „Reclaim“-EP von Keep Of Kalessin benutzt. Eigentlich hatte ich vor, den Song auf einem neuen Album zu verwenden, statt ihn als EP zu veröffentlichen, aber habe mich dann dagegen entschieden, weil ich auf dem neuen Album nur original KHONSU-Material wollte. Deswegen fand ich auch das Bjør-Cover “Army Of Me” für ein Album unpassend. Und dann habe ich noch eine elektronische Version eines Songs unseres Debüts dazugepackt. Die EP hat mir einfach die Möglichkeit gegeben, cooles Zeug zu machen und den Fans etwas an die Hand zu geben, während sie auf das neue Album gewartet haben.

Jetzt ist „The Xun Protectorate“ erschienen.Wenn du das Album in einem Satz zusammenfassen solltest, würde dieser lauten:
Eine epische Metal-Reise in das All.

Worum geht es auf „The Xun Protectorate“?
Was das Albumkonzept angeht, dreht sich alles um eine Raum-Kolonie oder Stadt im Orbit der Sonne, einige Jahrhunderte in der Zukunft, nachdem die Erde unbewohnbar geworden ist. Die Existenz der Einwohner dieser Stadt hat keinen Sinn und keine Bedeutung, der Ort ist sehr düster und deprimierend. Es gibt viele tausend Arbeitsklone, die keine eigene Meinung oder Individualität besitzen. Das Album handelt erzählt die Geschichte des Erwachens eines dieser Klone. Er hat Visionen und Träume und erkennt, dass seine Aufgabe ist, sich und dem Rest der Menschheit ein Ende so setzen. Also steuert er die Stadt in die Sonne. Ich bin ein großer Fan von Science-Fiction-Büchern und -Filmen. Dieses Album war meine Chance, mein eigenes futuristisches Universum zu entwerfen.

Würdest du das Album also also Konzeptalbum bezeichnen?
Ja, definitiv. Die Texte, die Musik, das Artwork – alles ist über das zu Grunde liegende Konzept über diese Raumkolonie und die Geschichte über den Klon verbunden.

Das Artwork ist tatsächlich stark aus. Wer ist für das Bild verantwortlich, und was magst du an dem Bild besonders?
Als ich mein erstes Album „Anomalia“ über Season Of Mist veröffentlicht habe, hat Adrien Bousson aus deren Grafik-Abteilung das Artwork gemacht. Das neue Album habe ich über mein eigenes Label, Jhator Recordings, veröffentlicht – aber nachdem ich mit Adriens Arbeit so zufrieden war, habe ich ihn kontaktiert und gefragt, ob er wieder das Artwork machen will. Ich habe ihm das Konzept erklärt und ihm die Texte sowie die Songs geschickt und er hat dann das Artwork entworfen. Ein Bild für jeden Song, bezogen auf den jeweiligen Text, das Digipak und Gatefold-Vinyl-Layout und dazu noch ungefähr zehn Bandfotos – alles nach dem gleichen Sci-Fi-Konzept. Ich finde, sein Stil, seine Ideen und seine Kunst passt perfekt zu den Texten und der Musik. Es ist einfach beeindruckend! Vermutlich mag ich das Cover an dem Album am liebsten. All die Details, aber auch die allgemeine Atmosphäre des Bildes… Ich bin total glücklich damit.

Persönlich finde ich „The Xun Protectorate“ düsterer, etwas schneller und härter als „Anomalia“. Würdest du das unterschreiben und wo siehst du selbst die entscheidenden Unterschiede?
Ja, da kann ich dir schon zustimmen – das Album ist düsterer, auch brutaler und etwas mehr in Richtung meiner Black- und Death-Metal-Wurzeln als „Anomalia“. Die EP ähnelt dem Album da schon deutlich mehr. „Anomalia“ hatte rockigere, nettere Riffs – das neue Album ist dagegen komplexer und kompromissloser. Für Leute, die keinen Black und Death Metal mögen, ist es deshalb vielleicht auch schwerer, etwas damit anzufangen. Aber es ist trotzdem noch so vielseitig wie „Anomalia“ – und persönlich finde ich das neue Album natürlich viel besser.

War diese musikalische Veränderung gewollt, oder etwas, das sich einfach so entwickelt hat?
Das Album wurde in einem einzigen Monat komponiert – das ist sicherlich ein Grund dafür, warum es fokussierter klingt als „Anomalia“, das ja wie gesagt aus Riffs bestand, die in einem Zeitraum von zehn, fünfzehn Jahren entstanden sind. Ich glaube, ich wollte auf dem neuen Album aber auch gezielt mehr Experimente und eine düsterere, kompromisslosere Atmosphäre.

Dein Bruder, Obsidian Claw, ist der Kopf hinter Keep Of Kalessin, beide seid ihr herausragende Gitarristen. Gab es bei euch daheim sowas wie Konkurrenzkämpfe, gerade, als ihr noch jünger wart?
Nein, nicht wirklich. Und vor allem nicht in musikalischer Hinsicht. Er ist älter und war immer ein paar Schritte vor mir, was das Gitarrenspiel anging – aber vor allem auch, was die musikalische Karriere betrifft. Ich hatte damit keine Probleme, sondern habe eher zu seinen Fertigkeiten aufgeschaut und hatte damit ein Ziel vor Augen. Als wir beide noch Kinder waren, haben wir mit dem Musik-Equipment unseres Vaters herumgespielt – aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass das in irgendeiner Weise ein Wettstreit gewesen wäre. Es war immer eher ein Miteinander und ein Zusammenspielen.

Du selbst hast Psychologie studiert. Wie bekommst du dein Hobby, die Band, und deinen Job unter einen Hut? Du benutzt beispielsweise kein Pseudonym, aber trägst auf Bildern stets eine Maske. Tust du das beispielsweise der Optik wegen, oder um unerkannt zu bleiben?
Die Maske nutze ich, um anonym zu bleiben. Ich fühle mich so einfach am wohlsten. Und ja, es war manchmal verdammt schwer, die Musikproduktion und -promotion, meinen Job und mein Privatleben gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen. Vor allem letzteres hat in den letzten zwei, drei Jahren gelitten, weil ich so viel an diesem Album gearbeitet habe. Und es war, was das Geld angeht, hart … deshalb habe ich in zwei Jobs gearbeitet, um das Album zu finanzieren. Viele Opfer also, aber ich bin glücklich, dass ich es gemacht habe, und ich bin stolz auf das Album. Immerhin spielen wir spielen nicht live, proben also auch nicht – das zumindest fiel also weg.

Also sind auch in absehbarer Zeit keine KHONSU-Shows geplant?
Es wäre definitiv cool, die Songs auch mal live zu spielen – vor allem, wenn die Show auch auf dem Sci-Fi-Konzept des Albums basieren würde. Aber ich bin momentan nicht sicher, ob wir je wieder live spielen werden. Wir haben bislang erst ein Konzert gespielt, auf dem Inferno Festival in Oslo 2012. Der Grund dafür ist, dass KHONSU nur zwei Mitglieder hat – mich, der ich alle Instrumente spiele, und T’ol, den Sänger. Wir müssten also Live-Musiker rekrutieren und mit ihen proben, und ich bin mit einem Fulltime-Job und anderen Interessen gut ausgelastet – insofern habe ich weder Zeit noch Motivation, all diese Arbeit auf mich zu nehmen, nur um live zu spielen. Insofern gibt es momentan keine Pläne für Shows. Aber es kann natürlich alles passieren – das hängt auch davon ab, wie sich das Album in Sachen Bekanntheitsgrad und Verkaufszahlen entwickelt, und was für Angebote hinsichtlich Shows wir bekommen. Ich würde sagen, ein paar Festivals zu spielen wäre eher möglich als eine Tour.

Vor einiger Zeit kursierte im Internet eine ziemlich verrückte Geschichte, in der ein paar Blogger behaupteten, sie wären während eines komplett aus dem Ruder gelaufenen KHONSU-Video-Interviews in einer aufgelassenen Psychatrischen Anstalt von der Band eingeschüchtert worden und hätte zudem noch eine fremdartige Kreatur gefilmt. Was ist damals und anschließend passiert?
Sorry, aber dazu gebe ich keinen Kommentar ab. Aus verschiedensten Gründen beantworte ich keine Fragen zu diesem Alien-Film.

Schade! Trotzdem vielen Dank für deine Zeit und Antworten. Zum Abschluss ein Brainstorming:
Aleppo: Die ersten Begriffe, die mir dazu einfallen, sind natürlich Horror, Zorn und Entsetzen darüber, wie sich Menschen gegenseitig behandeln können – vor allem Menschen in Machtpositionen gegenüber Schwachen und Unschuldigen.
2017: Hoffentlich ein gutes Jahr für Khonsu.
Weihnachten: Entspannung.
Donald Trump: Ich mag ihn nicht.
Dein Lieblingsalbum aus 2016: „Departed Glories“ von Biosphere.
KHONSU in zehn Jahren: Wahrscheinlich nicht mehr aktiv.

Die letzten Worte gehören dir:
Danke für die interessanten Fragen und die Unterstützung! Wir hoffen, dass ihr Fans das neue Album über die nächsten Jahre hinweg genießt!

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