Manchmal reicht schon eine Kleinigkeit, um auf ein Album aufmerksam zu machen. Ein witziger Songtitel. Ein besonders schönes Artwork. Oder ein guter Song. „Männerfreundschaften und Metaphysik“ hat alles drei. Grund genug, sich mit dem neuen Album aus dem Hause SANKT OTTEN eingehender zu beschäftigen.
„Aus dem Hause SANKT OTTEN“ ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Zu Gast ist dort nämlich noch der Dortmunder Hellmut Neidhardt alias N., seines Zeichens Droner und Experimental-Gitarrist. Während die anderen beiden sich gewohnt minimalistisch mit ihren Synthesizern eingrooven, macht der in erster Linie Lärm. Und das ziemlich cool: Noisige Soundscapes, mal sphärisch-schwebend, mal düster-dronig, geben der sowieso schon sehr atmosphärischen Musik von SANKT OTTEN die vielzitierte „zusätzlichen Ebene“ – und nicht nur das: Der gesamte Charakter der Musik hat sich geändert.
Denn „Männerfreundschaften und Metaphsyik“ klingt nicht einfach nach SANKT OTTEN mit Gitarre: Schon der SANKT-OTTEN-Anteil, so man diesen aus dem Klangbild sezieren kann, ist düsterer als der zuletzt oft beschwingte Ambient-Krautrock des Duos. Spätestens das Zutun N.s jedoch verleiht den Songs einen viel gesetzteren, ruhigeren, mitunter fast unterschwellig bedrohlichen Charakter. Während das bei manchen Stücken wie „Massiere die Maschine“ oder „Milchmädchen und Herrenschokolade“ nicht so arg ins Gewicht fällt, lernt man SANKT OTTEN in anderen, beispielsweise „Manchmal schmeckt nichtmal der Kaffee“ oder „Auf drei lassen wir los“, von einer ganz neuen Seite kennen. Das kommt wohl davon, wenn aus zwei drei Dimensionen werden – alles wird tiefer, vielschichtiger, greifbarer. Allein die Eingängigkeit der Songs leidet darunter: Statt als einzelne Stücke, nimmt man das Kollaborationsergebnis eher als atmosphärisches Ganzes wahr.
„Männerfreundschaften und Metaphsyik“ ist insofern noch ein typischer SANKT-OTTEN-Release, als auch dieses Album entspannend anzuhören ist – von den garstigen Drone-Welten von Sunn o))) und Konsorten sind SANKT OTTEN und N. auch gemeinsam noch weit entfernt. Waren die letzten Alben der Band jedoch eher positiver Natur, schwingt auf „Männerfreundschaften und Metaphysik“ stets eine melancholische Note mit. Nicht nur des Veröffentlichungstermins wegen ein typisches Herbst-Album.
https://youtu.be/Lu4DDtPZc-o
Wertung: 7.5 / 10