In Zeiten, in denen Alben Monate zuvor angekündigt und mit genau durchgeplanten Promo-Kampagnen beworben werden, ein Album heimlich, still und leise zu veröffentlichen, ist ein gewagtes Unterfangen – zumindest wenn der finanzielle Erfolg und die Aufmerksamkeit, die das Album erregen soll, eine Rolle spielen müssen. Avenged Sevenfold haben das soeben mit ihrem neuen, über Nacht unangekündigt veröffentlichten Album „The Stage“ getan. Ganz so radikal gingen DEATHSPELL OMEGA nicht vor, doch eine Promo-Kampagne konnte die Band trotzdem nicht durchführen. Der Grund dafür liegt darin, dass sie sich nach wie vor weigert, eine Facebookseite oder eine Homepage zu eröffnen. So erreichte die Info über ihr neues Werk „The Synarchy Of Molten Bones“ hauptsächlich diejenigen, die zufällig auf ihrer Bandcamp-Seite oder der Seite ihres Labels vorbeischauten.
Nun ist es da, das neue Werk der Truppe, die trotz Spekulationen noch immer keine Infos dazu herausrückt, wer denn eigentlich hinter der Band steckt. Und was für ein Werk es geworden ist! „The Synarchy Of Molten Bones“ ist purer in Musik übersetzter Terror. In vier Songs und knapp 30 Minuten zerlegen DEATHSPELL OMEGA jedes wohlige Gefühl mit ihrem brachialen, verstörenden Black Metal zu Kleinholz. Nachdem bedrohliche Bläser und Chöre den Opener und Titeltrack eröffnen, feuert die Band unbarmherzig ihre neue Sammlung aus absurd detaillierten Riffs und Klangkompositionen auf den Hörer ab, ohne ihm auch nur eine einzige Verschnaufpause zu gönnen. Die oberflächlich betrachtet überwiegend auf schnellen Blastbeats gebettete Gitarrenarbeit ist maximal ausgeklügelt und wechselt fast im Sekundentakt zwischen durchgehend ebenso brillanten wie komplexen Ideen hin und her, sodass es selbst für geschulte Hörer weit mehr als zehn konzentrierte Durchläufe benötigen wird, um auch nur grob ein Bild von dem zu bekommen, was DEATHSPELL OMEGA da kompositorisch für einen Wahnsinn abziehen.
Mit fiesen Spielereien von kontinuierlich zwischenchromatische Frequenzbereiche durchlaufenden Tönen über gut getarnte Oddtime-Tricksereien bis hin zu jegliche klassischen Harmoniekonzepte über den Haufen werfenden Ton- und Akkordfolgen haben die Ausnahme-Black-Metaller sich allerlei einfallen lassen, um einen unverwechselbar garstigen, chaotischen und dennoch gleichzeitig perfekt durchgeplanten Stil zu erschaffen. Die durchschlagende, gerade ausreichend transparente Produktion bringt ihr Extremwerk, das selbst Bands wie Anaal Nathrakh alt aussehen lässt, in die passende Form, während der für Black Metal eher untypisch tiefe Growl-Gesang im Vokalbereich die nötigen atmosphärischen Akzente setzt. Dass durch die Beschränkung auf knapp eine halbe Stunde Spielzeit selbst in einem zehnminütigen Song wie dem mit einem besonders gelungenen Ende gesegneten „Onward Where Most With Ravin I May Meet“ nahezu kein Filler-Moment auftaucht, lässt die Platte zwar kompakt erscheinen und verleiht ihr fast schon eher den Charakter einer EP, erweist sich aber letztlich trotz verbleibendem Verlangen nach ein oder zwei weiteren Songs allein schon aufgrund der Komplexität als angemessene Länge.
Mit „The Synarchy Of Molten Bones“ ist DEATHSPELL OMEGA ein gnadenloses Meisterwerk brutalster Musik gelungen, die ihresgleichen sucht. Das Album sollte baldmöglichst zum absoluten Vorzeige- und Referenzwerk für modernen und dennoch rohen, unverbrauchten Black Metal erklärt werden. Dass die Platte aufgrund der wohl von wenigen bemerkten Veröffentlichung nicht die Beachtung bekommen wird, die ihr qualitativ zustünde, ist schade, andererseits wohl ganz im Sinne der sich bedeckt haltenden Band. Auch wenn bis Ende des Jahres noch etwas Zeit verbleibt, qualifiziert sich die Scheibe ganz bescheiden und zurückhaltend zweifellos für den Titel des besten Black-Metal-Albums 2016.
Wertung: 9.5 / 10