Mit „Tusmørke“ reichte die dänische Folk-Metal-Band HULDRE unlängst ihr zweites Album ein und lieferte damit einen mehr als gelungenen Genre-Beitrag. Bassist Bjarne Kristiansen erzählt uns mehr unter anderem darüber, welchen Stellenwert der Folk-Metal in Dänemark hat, wie bedeutsam die Themen der dänischen Mythologie für die Lyrics der Platte waren und welche Verbesserungen gegenüber dem Debüt auf die Hörerschaft warten.
Nachdem dies unser erstes Interview mit euch ist, stellt die Band bitte kurz vor.
Hallo und Danke für das Interview. Wir sind HULDRE, ein Sextett aus Kopenhagen, Dänemark, und als HULDRE spielen wir Folk-Metal seit 2009.
Fühlst du dich persönlich mehr zu den Metal- oder den Folk-Bestandteilen eurer Musik hingezogen, falls es da solch einen Unterschied gibt?
Nicht wirklich. Wir haben immer versucht, die perfekte Balance und Harmonie zwischen den beiden Genres zu kreieren, entsprechend ist unsere Musik eher ein Hybrid, als dass sie eines der Genres mit Zusätzen des anderen darstellen würde.
Typische Metal-Instrumente zu spielen, ist eine Sache. Leute zu finden, die traditionelle Folk-Instrumente beherrschen, eine ganz andere. Wie habt ihr euch gegenseitig gefunden und kennengelernt?
Wir kennen uns grundsätzlich alle gegenseitig von historischen Märkten, da wir mittelalterliche Musik in verschiedenen Bands gespielt haben, und abends kamen wir zu Bier und Jam-Sessions zusammen. Wir haben ein großes Netzwerk an Musikern, die traditionelle Folk-Instrumente spielen, also war es „nur“ eine Schwierigkeit, jemanden zu finden, der auch Metal mag.
In Deutschland haben wir eine recht hohe Zahl an Bands, die Metal mit folkig-mittelalterlichen Klängen kombinieren. Ist es in Dänemark ebenso verbreitet, diese Symbiose aus Metal und Folk zu spielen?
Nicht so sehr, wie es in Deutschland der Fall ist. Aber es gibt eine Hand voll Bands in Dänemark, die Folk und Metal kombinieren, obwohl sie es auf sehr verschiedene Art und Weise machen. Die Folk-Metal-„Welle“ der 90er ist an Dänemark so ziemlich vorbeigezogen, und viele Jahre lang gab es nur eine Band in dieser Richtung. Nun sind wir mehr.
Welche der typischen Metal-Spielarten haben deines Erachtens nach einen starken Einfluss auf eure Musik?
Es ist eine gesunde Mischung aus Genres, auch aus der Metal-Front, aber es ist kein Geheimnis, dass unser Gitarrist ein großer Fan des 80er-Metals ist, während unser Schlagzeuger und ich mehr auf zum Beispiel Black Metal und andere extreme Spielarten stehen. Unsere Frontfrau mag Gothic-Melodic-Sachen und unsere Violinistin hört mehr oder weniger alle Metal-Arten ohne „-core“ im Namen, also finden wir vermutlich irgendwo in diesem Mix unsere Inspiration für diese Elemente unserer Musik. Aber es ist an sich kein derart starker Einfluss.
Euer zweites Album wurde kürzlich veröffentlicht – „Tusmørke“, zu Deutsch „Zwielicht“. Inwieweit findest du, dass dieser Albumtitel zur Musik passt, beziehungsweise sie repräsentiert?
Es war ein langer Prozess, bis wir den Titel gefunden hatten, aber wir denken, dass er sehr gut passt. Wir haben die lyrischen Themen im Vergleich zu den musikalischen Themen diskutiert, uns die Visualisierung angesehen, die wir ausgewählt hatten, und dann schien „Tusmørke“ passend. Es ist die Zeit des Tages, in der die Grenzen zwischen Welten verschwommen erscheinen, der Vorhang der Realität verschiebt sich, und das sind Themen, mit denen sich die Platte auch beschäftigt.
Wo wir gerade bei den Themen auf dem Album sind: Ich habe gelesen, dass die Texte von der dänischen Mythologie inspiriert sind. Kannst du uns mehr darüber erzählen? Welche Themen eurer Mythologie habt ihr für die Platte gewählt, und welche davon sind die wichtigsten und interessantesten für dich?
Die Lyrics sind von dänischen Folklore-Geschichten, nordischer Natur und alten Religionen inspiriert. Die meisten Texte des Albums sind sehr düster: Tod, Kummer, Furcht, finstere skandinavische Natur-Wesen, die mit Menschen interagieren, alte Folk-Rechtsmittel, Leute, die sich in Kreaturen verwandeln und so weiter sind einige der Themen. Grundsätzlich finden wir in diesen Geschichten mehr Inspiration als in der Mythologie. Wir haben auch viel mit Gestaltwechsel gearbeitet, was immer ein witziges Thema ist.
Noch eine Frage zu den Texten: Passend zur Musik und den Themen habt ihr sie in eurer Muttersprache belassen. War es jemals auch geplant, Texte in Englisch zu schreiben?
Nicht, um gesungen zu werden, nein. Wir werden aber vermutlich die Lyrics ins Englische übersetzen, sodass die Leute sie lesen können.
Euer erstes Album „Intet Menneskebarn“ wurde vor vier Jahren veröffentlicht. Wo siehst du die deutlichsten Unterschiede und Veränderungen zwischen den beiden Platten?
Chaos, das geordnet wird. Auf unserem ersten Album tendierten wir dazu, anarchischer beim Kompositionsprozess vorzugehen. Jeder hat sich eingebracht und eine Menge Melodien wurden über andere gespielt, im Kampf um Aufmerksamkeit. Dieses Mal arbeiteten wir mit viel mehr Struktur in unseren Kompositionen, um jedem anderen Raum zu lassen und die Rollen der Instrumente klar zu definieren. Das hat der Musik mehr Luft zum atmen gelassen, sodass sie sich wirklich entfalten konnte. Wir haben auch dran gearbeitet, die Produktion wuchtiger klingen zu lassen, nachdem wir uns in den letzten vier Jahren verbessert haben, wie es zum Glück auch unser Produzent Lasse Lambert getan hat, damit ist der Sound auch generell besser auf diesem Album.
Was steht nun bei euch auf dem Programm? Gibt es vielleicht Pläne für eine Tour, oder schon Ideen zu einer weiteren Platte?
Ein bisschen von beidem. Es ist noch Material vom letzten Aufnahmeprozess übrig und wir versuchen, für nächstes Jahr einige Gigs auf die Beine zu stellen.
Damit wären wir am Ende. Vielen Dank und zum Schluss würde ich dich gerne an unserem traditionellen Metal1-Brainstorming teilhaben lassen. Was kommt dir bei diesen Worten in den Sinn?
Dänemark: Heimat, Gemütlichkeit, trügerische Sommer und windige Winter.
Black Metal: Norwegen.
Mittelalter: Gute Zeiten, zumindest in der heute nachgestellten Version, tolle Kleidung und Musik.
Bier: Ale no. 16, ein dänisches Bier, das sehr gut schmeckt
Traditionen: Kulturelle Identität.
Philosophie: Lache die Welt an und du wirst ein Lächeln zurückbekommen.
(Brainstorming beantwortet von Drehleier- und Flötenspieler Troels Nørgaard, Anm. d. Red.)
Die letzten Worte gehören dir. Was möchtest du gerne noch hinzufügen?
Vielen Dank und folk on.