[Noise-Rock / Post-Punk / Post-Hardcore] „Einer nach dem anderen verändert, einer nach dem anderen entwürdigt, einer nach dem andere entmenschlicht, Schaltkreise übernahmen das Denken und Daten ersetzten den Verstand. Es blieb nichts mehr übrig von unserer Welt, es blieb nichts mehr übrig von unserer Zeit, eine ganze Zivilisation ausgelöscht durch den Wahnsinn der Maschinen…“ MONZA machen keinen Hehl aus ihrer Weltanschauung und haben sich dabei inhaltlich primär dem Thema „Mensch-Maschine“ verschrieben, sind aber durchaus in der Lage, auf „Der Tag an dem die Berge aus dem Himmel wuchsen“ auch andere dystopische Zukunftsszenarios zu zeichnen – so oder so sprühen die Texte auf dem ersten Longplayer des Münchner Noise-Post-Hardcore-Punk-Trios nicht gerade vor Optimismus. Und wie steht’s um die instrumentale Seite?
Klassisches Metal-Riffing sucht man auf „Der Tag an dem die Berge aus dem Himmel wuchsen“ vergeblich: Felix Reek baut mit seiner Gitarre vielmehr düster-atmosphärische Soundlandschaften, die Layer um Layer um neue Facetten erweitert werden. Mal flirrend-verstörend wie ein ganzer Insektenschwarm, mal traurig-melodisch: Die Bandbreite dessen, was der Mann seiner Gitarre entlockt, ist groß und oftmals unkonventionell. Beinahe klassisches Postrockgitarrenspiel („Nullraum“) oder fast schon Godflesh-eske, schräge Harmonien („Der Forscher“): Man wird auf Albumlänge immer wieder positiv überrascht.
Dass MONZA so frisch und unverbraucht klingen, liegt neben dem Gitarrenspiel natürlich auch am extrem groovigen und fetten Rhythmusunterbau der Kompositionen: Die Drums sind ultrafett und massiv komprimiert. In vielen anderen metallischen Spielarten wäre dieser schon beinahe synthetische Klang sicherlich eher negativ zu bewerten, hier passt das aber wie Arsch auf Eimer – zumal Schlagzeuger Hannes Drensler live ziemlich reinhaut, um das adäquat umzusetzen. Frontmann Thorsten Kerl macht nicht nur am Bass eine gute Figur: Seine im positiven Sinne parolenhaften, teils gesprochenen, teils geshouteten (und selten gesungenen) Texte machen einen nicht unwesentlichen Teil des einzigartigen Bandsounds aus.
Wohldosiert eingesetzte elektronische Spielereien zeugen davon, dass MONZA neue Technologien nicht grundsätzlich ablehnen: Gerade der geschickte Einsatz von Looppedalen ermöglicht das Schichten von Sounds und sorgt dafür, dass man den Eindruck bekommt, es mit mehr als nur drei Musikern zu tun zu haben. Aufgenommen im Ghost City Recordings Studio (u. a. Der Weg einer Freiheit) ist die Produktion von „Der Tag an dem die Berge aus dem Himmel wuchsen“ ausgesprochen gelungen. Dass Schlagzeug und Vocals tendenziell im Vordergrund stehen, ist Teil des Gesamtkonzepts und funktioniert sehr gut.
Unter den sieben Songs bei knapp bei rund 40 Minuten Spielzeit gibt es keine Ausfälle zu verzeichnen – aber dafür ein paar echte Highlights: Der Opener „Terraformer“ treibt wie Hölle, „Maschinengott“ hat mit seinen einfallsreichen Riffs und dem gelungenen Chorus echten Ohrwurmcharakter und der Titeltrack und Albumcloser hat im Mittelteil fast etwas von einer Predigt, wird drängender und intensiver, während er sich bis zum großen Finale steigert – selbstverständlich ohne versöhnliches Happy End.
Die Vorgänger-EP „Ikarus“ wirkte in Sachen Produktion und Songwriting noch nicht ganz rund, aber mit „Der Tag an dem Berge aus dem Himmel wuchsen“ haben MONZA ein echt innovatives, eigenwilliges und vor allem ausgereiftes Stück Musik geschaffen – gerade im deutschsprachigen Sektor keine Selbstverständlichkeit. Die Aachener Fjørt schwimmen in Sachen Attitüde und Atmosphäre vielleicht noch auf einer ähnlichen Welle, ansonsten fallen Vergleiche mit anderen Bands eher schwer. Aber vermutlich würden sich die Münchner auf einer Bühne mit Heads. und den Daughters ganz gut machen (auch wenn die jeweiligen Interpretationen des Noise-Themas schon merklich variieren). Eine verdammt coole Melange aus (Post-)Punk und –Hardcore, Noise und einer Prise Industrial. „Und alles begann an dem Tag, an dem Berge aus dem Himmel wuchsen.“
Wertung: 8.5 / 10