Zehn Jahre lagen zwischen „Kampen“ und „Antikosmos“, dann sputete der Kopf hinter ARCKANUM, Shamaatae, sich aber geradezu und holte schon nach elf Monaten mit dem Nachschlag „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ aus. Anlässlich des Releases der mittlerweile fünften CD des legendären Projekts führten wir ein Interview mit dem Mastermind und befragten ihn nicht nur bezüglich seiner Musik- und Buchprojekte, sondern erfuhren auch noch einige Dinge bezüglich Genialität, Personenkult und, dass man Runen nicht ausspricht.
Hy Shamaatae, vielen Dank dafür, dass du dir Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Wie geht’s dir im Augenblick?
Mir geht’s gut, ich bin etwas aufgeregt wegen meinen neuen Veröffentlichungen…
Vor ein paar Wochen ist dein fünftes Album „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ über Debemur Morti veröffentlicht worden. Wie fühlst du dich im Augenblick und wie hast du dich direkt vor dem Release gefühlt? Wie groß waren die Vorfreude?
Sehr groß, weil dieses Album ein wichtiges Kunstwerk für mich war. Bis jetzt scheint es so, als ob es den Leuten wirklich gefällt, ich hoffe, dass meine schwarze Magie sie alle ergreifen wird.
Eine Sache, die ich fragen muss: Wie würde man „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ aussprechen? Ein Kollege aus der Redaktion hat mir gesagt, dass diese Rune für „Thorn“ stehen würde, konnte man es also „Eleven Thorns“ aussprechen oder vielleicht doch eher einfach nur „das neue Arckanum-Album“ nennen?
Es sind elf Thurs-Runen, die Thurs-Rune steht für die gewaltigen Kräfte der Unterwelt, die „Þurs“ genannt wird. Man spricht Runen nicht wirklich aus, das sind magische Schriftzeichen. So schreibst du es; „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“.
Standest du während dem Schreib- und Aufnahmeprozess in irgend einer Form unter Druck? Die Reviews zu „Antikosmos“, die ich gelesen habe, waren eher durchwachsen und einige schienen vom „neuen“ Arckanum-Sound enttäuscht gewesen zu sein. Hast du versucht diese Fans mit deinem neuen Album etwas gnädiger zu stimmen oder dachtest du dir eher so etwas wie „Naja, wenn es ihnen nicht gefällt, dann ist es ihr Problem, so klingen Arckanum heutzutage halt“?
Nein, überhaupt nicht. „Antikosmos“ ist ein großartiges Album und wie ich sagte bin ich damit sehr zufrieden. Wenn es Leuten nicht gefällt, dann ist das okay für mich, ich schreibe die Musik ja nicht für die Fans, ich schreibe Musik für mich selbst, Musik die mir gefällt. Negative Kritik trifft mich nicht besonders schwer… Ich weiß, dass die Leute ein zweites „Kostogher“ wollen, aber das ist ziemlich bescheuert, wenn du mich fragst, warum sollte ich noch ein „Kostogher“ schreiben?
Zwischen „Kampen“ und „Antikosmos“ lagen ja zehn Jahre, jetzt wurde „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ nach weniger als einem (elf Monate, wenn ich mich nicht täusche) veröffentlicht. Wie kommt’s? Waren ein paar von den Songs schon geschrieben als „Antikosmos“ rauskam oder hast du das alles in so kurzer Zeit erdacht, geschrieben und aufgenommen?
Ich hab einfach weiter Musik geschrieben und das kam dabei rum. Ich hatte drei neue Songs fertig geschrieben, als „Antikosmos“ rauskam.
Ich muss zugeben, ich konnte mit Arckanum vor „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ nicht so viel anfangen. Ich habe ein paar Songs von „Kostogher“ gehört, aber… Ich weiß nicht. Ich war nicht so beeindruckt. Was denkst du persönlich, kann jemand, der sich nicht groß mit Arckanum auskennt, „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ nach seinen eigenen Vorzügen beurteilen oder würde jemand, der sich schon seit Jahren mit deinen Veröffentlichungen beschäftigt, irgendwie „mehr“ da rausbekommen können?
Ich denke du kannst dir einfach nur das neue Album anhören und genau so viel da rausholen. Man kann „Kostogher“ nicht wirklich mit dem neuen vergleichen.
Um diese Frage etwas auszuweiten, wessen Meinung bedeutet dir mehr? Die Meinung von Leuten, die sich mit deiner Musik schon auskennen und dir nur sagen, dass du „cool geblieben“ bist, oder eben andersherum „nicht mehr so cool“ bist, oder jemand, der deine Musik noch nicht so gut kennt und dir von einer objektiveren Warte aus bescheinigen kann, wie stark das Album ist?
Zuerst höre ich auf mich selbst und meine ehrliche Meinung. Dann höre ich auf die Leute, die ich kenne und von denen ich weiß, dass sie mir ihre ehrliche Meinung sagen werden. Hunderte von Leuten schreiben mir jeden Monat und erzählen mir, was für eine überwältigende Band Arckanum doch ist, also ist es schwer, das Ganze ernsthaft zu betrachten.
Wie auch immer, ich mochte „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ sehr gern. Ich habe 8.5 von 10 Punkten gegeben und es „ein Album voller cooler Songs, starker Melodien und viel Atmosphäre“ genannt. Was bedeutet dir so eine positive Kritik, ist dir der allgemeine Konsens wichtiger oder bist du glücklich mit jeder einzelnen positiven Rezension?
Das gefällt mir natürlich, jedes positive Review macht mich glücklich.
Ich habe ein paar andere Reviews, größtenteils aus Deutschland, gelesen, die durchaus positiv waren. Weißt du, was die Presse generell bislang von „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ hielt?
So weit, so gut.
Ich denke, wenn ich irgend etwas herauspicken müsste, was mir an „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ besonders gut gefällt, dann wäre es wohl die Art und Weise, wie die Produktion das Material unterstützt. Dieser erdige Gitarrensound, besonders bei „Þann Svartís“ oder „Þyrpas Ulfar“, der so ein „organisches“ Gefühl transportiert, so als ob du bei einer Live-Show direkt neben der Box stehen würdest. Das klingt einfach… naja… richtig. Wolltest du, dass die Musik auf „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ genau so klingt und ist sie genau so geworden, wie du sie dir gewünscht hast?
Ja, das ist ziemlich genau das, was ich wollte. Aber ich musste mit dem Studiotechniker darum kämpfen, meinen Sound zu bekommen; er hat was anderes versucht. Naja, er hat den Kampf verloren…
Deine Vocals klingen auch großartig, obwohl ich finde, dass der… naja, ich würde sagen „drängenden“ oder „gepressten“ Unterton es manchmal etwas schwer macht, sie sich anzuhören. Wie auch immer, du klingst unterschiedlich, wenn ich das neue Material mit den Songs von „Kostogher“ vergleiche, die ich gehört habe. War es eine bewusste Entscheidung deinen Gesangsstil zu verändern oder war das einfach etwas, das sich über die Jahre hinweg entwickelt hat?
Ich habe mich als Musiker und als Sänger seit den 90ern weiterentwickelt. Was meine Vocals angeht, ich wärme mich im Studio einfach ein wenig auf und dann singe ich. Und sie klingen halt einfach so, wie ich mich in dem Augenblick fühle.
Ich muss aber auch ein bißchen Kritik an deiner CD anbringen. Sie bezieht sich hauptsächlich auf die zwei Tracks „Þjazagaldr“ und „Þá Kómu Niflstormum“. Der erste ist sehr atmosphärisch, aber der zweite zieht sich ein wenig, wenn du mich fragst. Du als Künstler müsstest das wissen: Hätte man diesen Song kürzen können oder ist es wichtig, dass er so geworden ist, wie er geworden ist?
Fragst du einen Maler auch, ob er weniger Grün in einem Waldgemälde hätte benutzen können? Das ist eine meiner Schöpfungen, ich habe sie so erschaffen. Du bist kein Musiker, oder?
Allerdings mag ich diese beiden „ruhigeren“ Tracks, die sind eine nette Verschnaufpause von der heftigen ersten Hälfte der CD. Hast du sie mit dieser Intention eingefügt, die folgenden Tracks noch ein wenig herauszuzögern oder eher den Hörer etwas zappeln zu lassen, damit der Effekt dieses zweiten Stücks von Black Metal Songs noch etwas intensiver ausfällt?
Da habe ich gar nicht dran gedacht, ich hab das Album einfach in dieser Reihenfolge geschrieben.
Trotzdem war ich etwas enttäuscht von den letzten paar Tracks. Nach dieser (ich hoffe, du nimmst mir das nicht krumm) „Durststrecke“ hatte ich irgend etwas absolut geniales erwartet, aber leider fand ich die letzten beiden Tracks (und das Outro) nicht besser als die erste Hälfte der CD, gerade mal so gut wie die. Kommentiere das gern und wo du schon dabei bist, denkst du, dass es zum Rest des Albums gepasst hätte, wenn du das Album mit einem „großen Finale“ nach diesen zwei Tracks beendet hättest, oder kann „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ nur so funktionieren, wie du die CD aufgenommen hast?
Ich schreibe keine Musik um Leute zu beeindrucken, und ich schreibe Alben auch nicht so, damit ich mich im Standard des „wie mache ich ein Black Metal Album“ bewege. Das ist das Schlechte daran ein Musik-Kritiker zu sein, du denkst in einem gewissen Rahmen und hast deswegen zu hohe Ansprüche, um vernünftig zu urteilen. Das war keine theatralische Oper, die du dir da angehört hast.
Ich habe darüber keine Informationen gefunden, also lass es mich einfach fragen. Bei „Antikosmos“ hat Set Teitan ein paar Gitarren- und Gesangsspuren beigetragen. Wie war das bei „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“? Hast du alles selbst gemacht oder hast du wieder mit Gastmusikern gearbeitet? Wenn ja, warum und was haben die übernommen? Wenn nein, hast du’s dir überlegt und die Idee irgendwann fallen gelassen?
Auf der Arckanum-Myspace-Seite waren alle Informationen angegeben. Set Teitan hat an „Þórhati“, „Þann Svartis“ und „Þrúðkyn“ mitgearbeitet. „Þrúðkyn“ wurde von Shamaatae und Set Teitan im Jahre 2009 geschrieben und aufgenommen. Wir sind ziemlich enge Freunde und es ist eine Freude mit ihm im Studio zu arbeiten. Von ihm und mir wird’s noch mehr zu hören geben…
Als letzte Frage, die „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ betrifft, würde ich gerne wissen, was dein Haupt-Kaufargument ist? Wer sollte sich „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ zulegen und wieso? Was macht die CD so großartig?
Jeder, dem es gefällt, es kümmert mich nicht, wer das ist… Für mich liegt die Großartigkeit der CD in den mächtigen Anrufungen und den schwarz-magischen Werken, die dahinter liegen.
Lass uns über deine Arbeit zwischen „Kampen“ und „Antikosmos“ reden. Es hat zehn Jahre gedauert, bis das neue Album fertig war. Um mal etwas dumm zu fragen: Wieso?
Ich hatte damals zu viele Projekte, ich hab aber trotzdem eine Menge Zeug herausgebracht, und wieso ist ein Full-Length-Album so wichtig? Ich habe auch an einigen Manuskripten für künftige Bücher gearbeitet, PanParadox zum Beispiel, das von Ixaxaar im Juli 2009 veröffentlicht wird.
Was ist mit all den EPs und Split-CDs, die du in dieser Zeit veröffentlich hast? Waren das Ideen, die du für Alben eingeplant hattest, oder hast du die alle speziell für den jeweiligen Output geschrieben?
Ich habe sie für die jeweilige Veröffentlichung geschrieben.
Wie „wichtig“ sind diese Veröffentlichungen für Arckanums Gesamtwerk? Sind die eher eine Randnotiz oder haben die den gleichen Stellenwert wie die CDs?
Für mich sind sie alle gleich wichtig, ich verstehe nicht, wieso Leute sie als weniger wichtig ansehen. Der „Bafomet“-Song ist einer der populärsten Songs in der ganzen Arckanum-Diskographie.
Du hast Arckanum vor 17 Jahren gegründet. Wenn du heute darauf zurückschaust, was würdest du persönlich sagen, wie hat Arckanum sich in all den Jahren verändert, bzw. vielleicht eher entwickelt?
Ich habe mich stark weiterentwickelt, als Mensch wie auch als Musiker. Ich bin stärker und stabiler darin geworden, Musik zu schreiben. An dem Punkt, an dem ich jetzt stehe, könnte ich nie wieder ein „Fran Marder“ schreiben.
Abgesehen von deiner Musik bist du mittlerweile auch Author von Chaos-gnostischen Büchern, wenn ich mich nicht täusche. Dein Buch „PanParadox“ soll im Juni/Juli über Ixaxaar herauskommen. Könntest du uns ein bißchen mehr über dieses Buch und deine Motivation, es zu schreiben, erzählen?
Ja, „PanParadox“ wird im Juli endlich veröffentlicht werden. Naja, ich bin sehr kreativ und konstruktiv und ich muss diese Kreativität irgendwie kanalysieren, und die Bücher kamen einfach ganz natürlich dabei raus, als meine Notizblöcke mit guten Notizen, Philosophien, Theorien und praktischen Erfahrungen überquollen. Ich untersuche tiefschürfend die alte nordische Mythologie und deren traditionelle Praxis, ich bin auch besessen von den Runen, wodurch ich mir einiges an wissen angeeignet habe, das dazu geführt hat, dass ich mit zwei weiteren Büchern angefangen habe; „GullveigaRbók“ und „URAM“. Ihr könnt mehr über meine Arbeit als Autor auf www.vexior.se lesen.
So weit ich im Internet gelesen habe, arbeitest du schon an zwei weiteren Büchern. Was ist mit denen? Und wie schaffst du es, gleichzeitig an neuer Musik zu arbeiten?
Nach meinem ersten Buch „PanParadox: Pan Towards Chaos“ arbeite ich jetzt an einem Buch über die dunkle Riesin der schwarzen Runen und schwarzen Magie – Gullveig – das ich „GullveigaRbók“ nennen werde, und in dem anderen geht es um alte nordische schwarze Hexerei; das nenne ich „URAM“. Beide enthalten eine anti-kosmische satanische Perspektive und Interpretationen.
Wie gesagt, ich bin sehr kreativ und konstruktiv.
Um die Frage noch fortzuführen: Planst du schon ein neues Arckanum-Album? Oder vielleicht eine EP oder Split?
Nur eine neue 7″-EP.
Wenn ich an Arckanum und speziell an deine Person denke, dann kommt mir immer eine Sache in den Sinn und das ist „Personenkult“. Kein Zweifel, Arckanum hat sich zu einem mehr oder weniger legendären Bestandteil der modernen Black Metal Landschaft entwickelt, aber was denkst du persönlich über diese Leute, die dich für ein Genie halten, ohne dass sie dich überhaupt kennen, nur weil sie deine CDs gehört haben?
Ha ha ha… Naja, logischerweise können sie das nicht. Aber davon abgesehen sagt meine Frau, dass ich ein Genie bin.
Naja, haben diese Leute recht? Bist du ein Genie? ;-)
Ja, bin ich.
Abschließend erzähl uns doch bitte, was sich im Augenblick in deiner Stereoanlage dreht.
Ich habe in den letzten sechs Monaten zu viel Musik gehört, deswegen höre ich im Augenblick nur Audiobücher, wie einen Universitätskurs über Wikinger zum Beispiel.
Okay, wir sind fast durch. Traditionell beenden wir bei Metal1 ein Interview immer mit einem kurzen Brainstorming. Antworte einfach das Erste, was dir in den Sinn kommt, wenn du die folgenden Worte und Ausdrücke hörst:
Sterne? – Merkur.
Trollischer Kompass? – Dämlich.
Dissection? – Ich bin ein großer Fan, ich liebe all ihr Zeug.
Regen? – Heute.
„Concrete Jungle“? – Es ist scheiße, aber besser als Pop Musik.
Black Metal ist Krieg? – Schwachsinnig.
Metal1.info? – Wer?
Shamaatae, vielen Dank, es war mir eine Freude, dir all diese Fragen stellen zu dürfen. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft, viel Erfolg mit „ÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞÞ“ und deinen Büchern und ich hoffe, dass wir bald Neuigkeiten von dir hören. Die letzten Worte gehören dir, gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen willst?
Bitte besucht weiterhin www.arckanum.se und www.vexior.se.